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„Platz der Weißen Rose“ in Berlin

Verantwortlicher Autor: Mark von Buch Berlin, 04.10.2020, 13:11 Uhr
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Berlin [ENA] Am Samstag, 15. August 2020 wurde in Berlin der „Platz der Weißen Rose“ nach der Widerstandsgruppe feierlich durch den Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank in Berlin-Spandau eingeweiht. Wir sind überaus glücklich, dass es in Berlin endlich einen „Platz der Weißen Rose“ und einen Ort des Gedenkens an die Widerstandsgruppe gibt. An diesem Ort an der Spandauer Wilhelmstraße

befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft das Kriegsverbrechergefängnis Spandau, in dem sich bis zu seinem Tode am 17. August 1987 Hitlers Stellvertreter und fanatischer Anhänger des Nationalsozialismus, Rudolf Heß, lebenslänglich eingesperrt wurde. Heß wurde am 1. Oktober 1946 in zwei von vier Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. 1987 starb er im diesem Kriegsverbrechergefängnis in Spandau durch Suizid. Nach dem Tod des letzten Häftlings wurde es 1987 abgerissen.

Bereits zwischen 1878 und 1898 entstand an der Wilhelmstraße in Spandau eine Festungshaftanstalt für Militärangehörige. Unter anderem saß hier der spätere KPD-Reichstagsabgeordnete Werner Scholem im Jahr 1917 wegen Majestätsbeleidigung ein, weil er als Infanterist an einer Antikriegsdemonstration teilgenommen hatte. Nach dem Ersten Weltkrieg waren dort vor allem Zivilgefangene inhaftiert.

Nach dem Reichstagsbrand 1933 diente das Gefängnis als Schutzhaftlager, in dem prominente Gegner des Nationalsozialismus wie Egon Erwin Kisch und Carl von Ossietzky inhaftiert wurden, bevor auch in Preußen systematisch Konzentrationslager errichtet und die Gefangenen dorthin überführt wurden. Vor dem Zweiten Weltkrieg war das Gefängnis zeitweise mit über 600 Insassen belegt. Nach dem Krieg wurde das Gefängnis von den Alliierten übernommen, um dort die bei dem Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher zu Haftstrafen verurteilten Kriegsverbrecher des nationalsozialistischen Regimes unterzubringen.

Das Gefängnisgebäude wurde 1987 abgerissen, um zu verhindern, dass das Gefängnis nach dem Tod seines letzten Häftlings, Rudolf Heß, von Neonazis zu Propagandazwecken missbraucht werden könnte. Um die vollständige Vernichtung zu gewährleisten, wurde die Abbruchmasse pulverisiert und in der Nordsee verklappt. Die einen gedachten ihrer nationalsozialistischen Vorbilder und betrieben Geschichtsklitterung zu Ehren des vermeintlichen „Friedensfliegers“ Rudolf Heß, die anderen versuchten genau das zu verhindern.

Eine 2017 von Spandaus Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank angestoßene Initiative wird damit Wirklichkeit. Von einem „sehr starken Zeichen gegen Nazis“ spricht Kleebank angesichts dessen und lobt unter anderem Baustadtrat Frank Bewig für dessen schnelles Handeln. „Wir belegen den zu einer Pilgerstätte verkommenen Platz mit einem Symbol für den Widerstand gegen die Nationalsozialisten“, erklärten die Politiker und verwiesen darauf, dass Rechtsextreme aktuell immer mehr Zulauf hätten und damit Raum einnehmen würden. Die Umbenennung eines für sie bedeutsamen Ortes könne eine erfolgreiche Gegenstrategie sein.

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